Der Zug hielt mit einem metallischen Seufzer an. Ich setzte meinen Fuß auf den Bahnsteig des belebten Regionalbahnhofs, lebhafter als der meines kleinen Bergdorfes, wo die Bahnsteige oft leer und still sind. Hier hallten Durchsagen in mehreren Sprachen wider, eilige Reisende kreuzten sich, und Kinderlachen schwebte in der Luft, vermischt mit dem Aroma des benachbarten Cafés.
Ich erinnere mich an diesen Tag vor zwei Jahren, mit dem Koffer in der Hand, der mein sorgfältig gefaltetes schwarzes, grünes und goldenes Seidenkostüm enthielt, die Spieluhr unter meinem Arm. Ich atmete tief durch – um die innere Aufregung zu beruhigen, dieses Kribbeln des Unbekannten, das unter der Haut tanzt.
Es war bei diesem ersten Festival, dass ich die Welt der Straßenkunst entdeckte, dieses Universum, in dem jede Ecke zur Bühne wird, jeder Passant ein unfreiwilliger Zuschauer, jeder Atemzug ein Trommelschlag.
Meine erste Station war Genf, eine französischsprachige, elegante, intellektuelle Stadt. Dort tanzte ich im prestigeträchtigen Rahmen des Salon du Livre, zwischen Wänden aus Worten und Geschichten. Meine stille Darbietung kontrastierte mit dem Rascheln der Seiten und den kultivierten Gesprächen. Die Besucher betrachteten mich wie ein visuelles Gedicht, eine sanfte Anomalie in einer Welt der Buchstaben.
Dann reiste ich nach Lausanne, wo meine mechanischen Schritte sich den flüssigen Rhythmen des Genfersees anpassten. Der Spiegel des Wassers reflektierte meine Bewegungen wie eine komplotthafte Partnerin. Die Kinder, fasziniert, fragten: „Ist das eine echte Puppe?“ und ich antwortete mit einem gefrorenen Lächeln, ewig schwebend.

In Basel, im deutschsprachigen Raum, stellte ich mich vor das Juweliergeschäft Bucherer, wo mein Kostüm die kostbaren Reflexionen der Schaufenster einfing. Die Passanten hielten an, fasziniert von meiner bewegten Unbeweglichkeit. Das Schweizerdeutsch streichelte mein Ohr, rau, aber präzise, und die geflüsterten Kommentare – so schön, zauberhaft – bestätigten mir, dass Magie die Sprachen durchdringt.
In Zürich, bei einer großen Technologiemesse, war ich ein wandelndes Anachronismus. Umgeben von glänzenden Robotern und Touchscreens schien meine Spieluhr aus einer anderen Welt zu stammen. Und doch versammelten sich die Besucher um mich, gefesselt von der fragilen Nostalgie meiner Melodien. Vielleicht brauchten wir alle, mitten im Fortschritt, eine langsame und poetische Erinnerung an die Vergangenheit.
Dann reiste ich ganz in den Süden, nach Chiasso, wo das Italienische an jeder Straßenecke sang. Der Karneval empfing mich mit einer Explosion von Farben, Lachen und strahlenden Masken. „Bellissima! Una vera bambola!“ rief man, als man mich tanzen sah. Dort wurden meine Bewegungen geschmeidiger, wie von der südlichen Sanftheit gewiegt. Ich verstand, dass Sprache nicht nur mit dem Mund gesprochen wird, sondern mit dem ganzen Körper.
Und in Graubünden, in Chur, hörte ich zum ersten Mal die samtigen Klänge des Rätoromanischen, dieser diskreten, aber stolzen Sprache. „Bainvegni!“ sagten die Plakate, und die Einwohner begrüßten mich mit Neugier und Wärme. Dort tanzte ich am Fuße eines alten Kirchturms, und meine Schritte folgten dem Rhythmus des Windes und vergessener Worte.
Jede Sprache öffnete eine Tür, enthüllte eine andere Facette von mir. Ich tanzte ohne zu sprechen, aber ich hörte mit meiner ganzen Seele.
Und dann, im Februar, kam ich in Luzern an. Künstlerfreunde hatten mich eingeladen, den Fasnacht zu entdecken, den mystischen und ausgelassenen Karneval dieser Stadt, umgeben von Bergen und See. Sie hatten mir vorgeschlagen, als Mime teilzunehmen, das Fest zu bereichern mit meiner eigenen stillen Poesie.

Die Straßen waren ein berauschendes Getümmel: groteske Masken, Hexen mit krummen Nasen, fantastische Tiere, dröhnende Trompeten. Ich fand Zuflucht in der Nähe der Kapellbrücke, unter den schaukelnden Laternen. Ich stellte meine Spieluhr auf, aktivierte den Mechanismus. Die ersten Noten des Kanons von Pachelbel erhoben sich, zerbrechlich, aber klar, wie ein Seidenfaden im Lärm.
Ich tanzte. Gesicht gefroren, mechanische Bewegungen, Stille voller Geheimnis. Die Menge hielt inne. Ein alter Mann im Pierrot-Kostüm zwinkerte mir verschwörerisch zu. Die Kinder, als Drachen oder Kobolde verkleidet, näherten sich auf leisen Sohlen.
Am Ende brach Applaus aus, Münzen klangen in meinem Korb. Eine sanfte Wärme durchströmte mich. Ich verstaute meine Spieluhr und ließ mich vom Fest mitreißen. Die Straßen funkelten: Federn, Konfetti, Gelächter, schwebende Sterne.
Später, als die Nacht hereinbrach, begann ich den Hügel zum Hotel Gütsch hinaufzusteigen, einem emblematischen Ort über Luzern. Obwohl es kein echtes altes Schloss ist, erinnert seine neoromantische Architektur, erbaut Ende des 19. Jahrhunderts, an bayerische Schlösser, wie ein Augenzwinkern zur Märchenwelt. Zunächst als Lustpavillon erbaut, dann in ein Hotel umgewandelt, wurde das Gütsch im Laufe der Zeit zu einem diskreten Wächter, zwischen Himmel und Stadt schwebend. Seit Generationen beobachtet es die Metamorphosen Luzerns, stiller Zeuge von Liebschaften, Wiedersehen und Einsamkeiten. Meine Beine waren schwer, aber mein Herz leicht. Oben angekommen, sah ich Luzern leuchten. Der Vierwaldstättersee funkelte. Und in der Ferne erhob sich der Pilatus, dunkel und massig, wie ein Hüter der Legenden.

Wie gewohnt machte ich Fotos dieser märchenhaften Momente. Aber auf einem davon entdeckte ich einen verschwommenen Schatten, fast menschlich, der neben mir erschien. War es ein Passant? Ein Spiegelbild? Oder ein Flüstern aus der anderen Welt, der der Waldgeister und vergessenen Mechanismen?
Ein Schauer durchfuhr mich – eine tiefe, klare Intuition: All das führte mich irgendwohin. Ich flüsterte in die Nacht:
„Das Abenteuer geht weiter.“
Und unter den Sternen, mit dem Pilatus als Zeugen, ging ich weiter, in Stille, begleitet von den Stimmen der vier Sprachen, den Träumen der Berge und den Geheimnissen, die nur Automaten zu bewahren wissen.
